Morgen
So oft die Sonne aufersteht, Erneuert sich mein Hoffen Und bleibet, bis sie untergeht, Wie eine Blume offen; Dann schlummert es ermattet Im dunklen Schatten ein, Doch eilig wacht es wieder auf Mit ihrem ersten Schein. Das ist die Kraft, die nimmer stirbt Und immer wieder streitet, Das gute Blut, das nie verdirbt, Geheimnisvoll verbreitet! Solang noch Morgenwinde Voran der Sonne wehn, Wird nie der Freiheit Fechterschar In Nacht und Schlaf vergehn!
Gottfried Keller (1819 - 1890), Schweizer Dichter und Romanautor
Quelle: Keller, G., Gesammelte Gedichte. I. Buch der Natur
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen